Deutsche Unternehmen und KI - na, was denn nun?
Im vergangenen KI-Briefing haben wir eine Bitkom-Studie zitiert, in der gerade einmal 6 Prozent der Befragten angaben KI bereits zu nutzen, 22 Prozent planen den Einsatz der Technologie. Eine kurz danach veröffentlichte
Studie von Deloitte kommt zu einem anderen Ergebnis. Mehr als 90 Prozent der Befragten nutze bereits heute oder wolle KI künftig anwenden.
Horizont titelte anlässlich der Studie sogar fast euphorisch: „Deutsche Unternehmen nutzen Künstliche Intelligenz bereits im großen Stil.“ Auch der Mittelstand sei offenbar gut aufgestellt, heißt es in der Deloitte-Studie. Das wäre nun wirklich ein gutes Signal und ein Zeichen des Aufbruchs. Deloitte ist sich zumindest sicher: „Künstliche Intelligenz ist Mainstream.“
Superintelligenz – wie bitte?
Dass Letzteres stimmt und KI im Mainstream angekommen ist, ist auch daran zu erkennen, dass Philosoph Richard David Precht ein neues Buch zum Thema geschrieben hat.
In der Zeit darf er einen Essay veröffentlichen und behauptet zu Beginn, die KI-Branche befeuere Fantasien einer Superintelligenz, sie verkaufe „Anfangserfolge als Durchbrüche und schwelgt in dunklen Allmachtsfantasien“.
Ich halte diese Behauptung von Precht für falsch. Die Branche schwelgt nicht in Allmachtsfantasien, sondern sucht nach konkreten Anwendungen; manchen Programmierern ist sogar der Begriff Künstliche Intelligenz zu viel, weil sie sich ja doch nur mit Machine Learning beschäftigen.
Wir sollten uns also statt der Debatte um die Superintelligenz auf viel realistischere Herausforderungen von KI konzentrieren, die Precht in seinem Text zum Glück auch anspricht. Etwa, dass KI nicht rassistisch sein darf. Oder dass KI nicht über Leben und Tod entscheiden darf. Oder dass KI nicht zur Überwachung genutzt werden darf. Vielmehr muss KI uns Menschen dienen und uns unterstützen.
Apropos Superintelligenz, also Science Fiction: ein Buchtipp
Wer sich für Superintelligenz interessiert: Ich kann den aktuellen Zukunftsthriller „Qube“ von Tom Hillenbrand empfehlen. Das Buch ist ein Ausflug in das Jahr 2091. Die UNO hat längst eine Spezialeinheit gegründet, die die Ausbreitung einer Superintelligenz verhindern soll. Als ein Journalist angeschossen wird, der zu KI recherchiert hatte, beginnt Agentin Fran Bittner zu ermitteln. „Qube“ ist eine überzeugende Fortsetzung von Hillenbrands Werk „Hologrammatica“. In einer Welt voller Hologramme, Weltraumaufzüge, Gamer und KI geht es am Ende immer wieder auch um eine der zentralen Fragen des Menschseins: um den freien Willen und die Möglichkeit sich zu entscheiden.
Eine erfolgreiche Woche, bleiben Sie schlau,
Ihr Nikolaus Röttger